Frau Meier – selbständig ohne Finger
Seit fast zwei Jahren darf ich eine Patientin therapeutisch begleiten, die auf Grund einer Infektion beide Unterschenkel und alle ihre Finger inklusive Daumen verloren hat. Ich möchte Ihnen gern von meiner Arbeit mit ihr berichten, um Ihnen ein Spezialgebiet der Ergotherapie näher zu bringen.
Die Behandlung startete ich mit ihr noch als Ergotherapeutin in der Rehaklinik Bellikon im Winter 2022, wo sie frisch amputiert und völlig geschwächt aufgenommen wurde. Neben viel Aufklärungsarbeit und psychischer Stabilisierung, war zu Beginn der Rehabilitation vor allem das Wiedererlangen ihrer grundlegenden Selbständigkeit im Vordergrund. Ihr Ziel war die Rückkehr in ihr Eigenheim als alleinstehende Frau. Sie können sich vorstellen, dass das als Vierfachamputierte nicht einfach war. Der Verkauf ihres Hauses und der Umzug in ein Pflegeheim Stand im Raum.
Zähneputzen, Essen mit Besteck, ein Brot mit Butter beschmieren können und selbständig auf das WC gehen können waren die ersten wichtigsten Therapiethemen. Und das alles ohne Finger und teilweise noch einbandagierten Handstümpfen. Dafür Lösungen zu finden war auch für mich als Therapeutin stets eine Herausforderung. Jede Woche haben wir zusammen mit der Physiotherapie einzelne Themen mit Tricks, Anpassungen und individuell hergestellten Hilfsmitteln geübt. Später integrierten wir das Laufen auf den Beinprothesen in ihren Alltag. So haben wir Stück für Stück als interdisziplinäres Team ihre tägliche Routine wiedererlangt.
Am Ende der Reha haben wir ihr Ziel erreicht: Sie durfte mit Hilfe der Spitex, laufend auf zwei Unterschenkelprothesen wieder zurück in ihr zu Hause.
Da ich mich in der Zwischenzeit selbständig gemacht hatte, durfte ich Frau Meier im Hausbesuch weiter behandeln. Nun ging es um das selbständige Kochen, wie öffne ich eine Büchse? Wie kann ich die Duschbrause ohne Finger halten? Wie kann ich den Staubsauger oder meinen PC bedienen?
Aktuell erarbeiten wir Hilfsmittel für ihr Freizeitleben. Die Gartenarbeit ist ihr ein wichtiges Thema, aber auch Stricken und Zeichnen. Für einiges haben wir schon Lösungen gefunden, andere müssen noch erfunden werden. Aber auch da bin ich zuversichtlich. Die Freude der Patientin zu sehen, wie sie mit jedem Hilfsmittel wieder ein Stück Zufriedenheit zurück bekommt, motiviert mich immer wieder aufs Neue.
Gern berichte ich Ihnen weiter von der Therapie mit Frau Meier. Mal schauen, wie ich das mit dem Stricken hinbekommen werde??? Falls Sie eine Idee haben können sie sich gern bei mir melden.
Ihre Julia Bohot
Ergotherapie Julia Bohot
Zelgli 3
5452 Oberohrdorf
F 078 306 96 09
E-Mail
Rechtliches
Kontakt
Impressum
Datenschutz